Freitag, 9. Februar 2018

AMSTERDAM: JESPER JUST

ein schwarzer mann marschiert kilometerweit durch ein abweisendes niemandsland, verdorrte wiesen, feuchte gruben, dreckige wege, darüber ein schleier aus staub oder smog. immer wieder zweigt er ab, doch die szenerie ändert sich nicht. bis irgendwo in der ferne der boulevard haussmann und der eiffelturm auftauchen. zwei andere jungs aus afrika fahren mit dem roller endlos durch diesen boulevard, er ist menschenleer, ein riesiger boulevard, aber menschenleer. die jungs wirken verloren darin und beginnen während der tour lieder aus ihrer heimat zu summen, der hinten klammert sich fast zärtlich an den vorne. wir sind nicht in paris, sondern in hangzhou. das heisst: wir sehen menschen aus afrika in einer stadt in china, die eine stadt in europa imitiert. identität, minderheiten, wünsche – das sind die grossen themen, mit denen sich der dänische künstler jesper just (1974)  in seinen filmischen installationen beschäftigt, die jetzt im filmmuseum eye in amsterdam umfassend präsentiert werden. „intercourses“, der essay aus hangzhou, wird in zwei grosszügigen räumen auf vier zum teil gebrochene wände projiziert: eine poetische, groteske, unbequeme meditation. wo ist die heimat dieser menschen, wo gehören sie hin? einer tastet mit seinen fingern behutsam die steine in dem nachgebauten boulevard haussmann ab, einer legt sein ohr an die wände; vielleicht suchen sie nach wärme in dieser kalten welt, vielleicht hoffen sie in der stille stimmen oder klänge aus afrika zu hören, vielleicht finden sie in dieser unwirtlichen umgebung einen ort für ihre tränen.

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