Mittwoch, 8. November 2017

MÜNCHEN: BEWERBUNG BEIM PUBLIKUM

cyril manusch ist woyzeck. und sein hauptmann. und sein doktor. wie auf einer slackline setzt der 24jährige behutsam einen fuss vor den anderen, bewegt sich spastisch und akrobatisch, spricht dazu die monologe und dialoge, verrenkt sich und verklemmt sich, plötzlich rennt er die wand hoch, mehr verzweiflung als befreiung, wirft sich runter, breakdance trotz fussverletzung, auf alle viere, auf den bauch, das innen wird nach aussen gekehrt, es ist die tortur eines gejagten und geplagten. diese zehnminütige büchner-body-performance ist der höhepunkt des diesjährigen absolventenvorsprechens der otto-falckenberg-schule an den münchner kammerspielen. und sie ist ausgesprochen typisch für diesen jahrgang: denn auch wenn vera flück und louis nitsche aus „mamma medea“ von tom lanoye spielen, lea johanna geszti und anna platen woody allens „central park west“ oder max krause kafkas „brief an den vater“, immer ist dies ein theater von ausgeprägter körperlichkeit. kein wunder, wenn man in ihren künstlerbiografien die rubrik „körper“ studiert: aikido, bodypercussion, capoeira, voltigieren, hiphop, surfen, bauchtanz (wo früher allenfalls mal „fechten“ stand). mit diesem versprechen, texte und gedanken immer auch physisch und sinnlich zu steigern, haben die fünf frauen und fünf männer der abschlussklasse ihr casting, ihre bewerbung beim publikum, bestens bestanden. man darf sich auf ihre weitere entwicklung freuen, auf momente des zaubers und der kraft, auf viel bewegung in den theatern.

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