carpaccio di polpo. der ganze teller ist liebevoll mit hauchdünn geschnittenen oktopus-scheiben ausgelegt (weiss), darüber reichlich granatapfelkerne (rot), ein wenig olivenöl (grün) und pfeffer (schwarz). eine freude fürs auge, eine freude für den gaumen. kulinarische poesie, so einfach. und das ist nur der anfang... dies ist der grund, weshalb es uns seit jahren immer, wenn wir in mailand sind, ins ristorante "rosa nera" treibt - und weshalb wir diesen geheimtipp auch gerne weitergeben: via solferino 12. unprätentiöses lokal an der unauffälligen strasse von der scala (opern-olymp) zum "corriere della sera" (zeitungs-olymp).
Donnerstag, 18. April 2013
Montag, 15. April 2013
MILANO: IL SALONE
il
salone internazionale del mobile, das sind auf dem messegelände milano-rho 24
gigantische hallen mit möbeln, möbeln, möbeln, möbeln. design total,
inspiration total, man kann sich nicht satt sehen. jean nouvel liefert mit einer sonderschau ein flammendes plädoyer für mehr lebensqualität, individualität und farbe in unseren bürolandschaften. darüber hinaus erschliessen sich dem laien die trends angesichts der schieren
fülle der exponate nicht auf anhieb. ausser dass sich
auch die design-szene jetzt auf die senioren zu werfen beginnt: eine wachsende
kundschaft mit geld einerseits und anderseits auch eine wachsende kundschaft
mit ganz speziellen anforderungen an funktionales design im alltag. und auf der
anderen seite fallen die jungen auf. in der äussersten ecke des salone (halle
24 von 24) haben die kreativen frischlinge ihre spielwiese, den „salone
satellite“, ein wahres bijou an ideenreichtum. junge japaner (quartzd) schlagen
uns als insel der erholung im alltag einen kleinen wald aus weissem japanpapier
vor, nicht grösser als ein doppelbett; junge spanierinnen (mecedorama) entwerfen
neonfarbige schaukelstühle, die büro und garten gleichermassen in bewegung
bringen; junge deutsche (kunsthochschule halle) erfinden halboffene holzkisten
in allen grössen und formen, die die phantasien in kinderzimmern und
kindergärten neu beflügeln. statt cooler ästhetik begegnet man im „satellite“
überall wundervoller verspieltheit und wünscht, dass diese newcomer sich gerade
diesen ansatz lange bewahren mögen.
Samstag, 13. April 2013
ZÜRICH: DICKDARMKRÄMPFE
big
daddy (jean-pierre cornu) gaukelt sich und der welt vor, nicht ein tödlicher
krebs habe ihn befallen, sondern bloss dickdarmkrämpfe. sein sohn brick (markus
scheumann) gaukelt sich und der welt mit hilfe von reichlich alkohol vor, er
sei nicht schwul. bricks frau maggie (julia jentschs comeback nach der
babypause) hofft vergeblich, dass er auch für sie noch ein wenig wärme übrig
hat. tennessee williams führt in „die katze auf dem heissen blechdach“ in ein
erbärmliches kabinett der verlogenheiten und verschobenen wahrnehmungen. das erstklassige
ensemble am schauspielhaus zürich hätte alle voraussetzungen, dieses spiel mit
fassaden und abgründen, das zum geburtstag von big daddy die ganze sippe
zusammenführt, so zu spielen, dass es richtig weh tut. diesen text, diese
figuren muss man auf dem seziertisch präsentieren. doch regisseur stefan pucher
tut, was er immer wieder tut: er erstickt die subtile vorlage mit einer
bilderorgie. er macht auf grosse show, füllt die bühne mit sämtlichen
amerikanischen 50er-jahre-scheusslichkeiten, die ihm in die hand kommen, steckt
die leute in übertrieben geschmacklose kostüme, beamt unnötige filmchen auf die
hässliche, höhlenartige deko, und einmal mehr geht’s auch nicht ohne
mittelmässige gesangseinlagen. it’s too much for tennessee: kein heisses blechdach, sondern ein hoffnungslos überladenes. das resultat: dickdarmkrämpfe.
Freitag, 12. April 2013
MÜNCHEN: DIE KULISSE EXPLODIERT
ein aha-erlebnis. noch nie was von
friederick kiesler gehört und jetzt trotzdem die ausstellung über diesen
österreichischen architekten und bühnenbauer (1890-1965) in der villa stuck in münchen besucht. sie
trägt den alle theater-aficionados sofort neugierig machenden titel „die
kulisse explodiert“. das aha-erlebnis: dieser mann war der zeit und der
theaterkunst um jahrzehnte voraus; er hasste die traditionellen
guckkastenbühnen mit ihren traditionellen kulissen und prospekten und baute
deshalb schon vor hundert jahren bühnenbilder, bühnenräume, bühnenlandschaften,
die sich jeglichem illusionismus verweigerten und platz schufen (oder besser:
liessen) für das wort, für die figuren und – später an der renommierten
juilliard school in den usa – für die musik. kiesler erfand raumbühnen und
bühnenskulpturen, wie wir sie heute in den theatern der obersten liga zuhauf sehen
(altmann, kriegenburg, wilson). natürlich wurde er wie alle visionäre
verspottet – bei karl kraus etwa: „sie meinen also, herr kiesler, dass gretchen
auf dem motorrad zur plattform hinaufjagt, oben das lied am spinnrad singt und
dann im lift in die tiefe saust, während inzwischen faust und mephisto im
kleinauto den serpentinenweg hinaufbrausen?“ kieslers kunst hat den spott
überlebt.
Donnerstag, 11. April 2013
MÜNCHEN: PLAYMOBIL IM WIENER WALD
„geschichten aus dem wiener wald“! na
dann, hat sich christian stückl, der intendant des münchner volkstheaters,
gesagt und eine tüchtige portion wiener wald auf die bühne bauen lassen: bäume,
schilf, teich, nebelschwaden – die reinste idylle. das ist das eine. hier lässt
er all die hallodris aus ödön von horváths traurigem volksstück rumplauschen,
liebe machen, tanzen, tauchen, streiten. in ihren grellbunten kostümen wirken
sie wie playmobil-püppchen. das ist das andere. dazu auch noch sting, meat
loaf, wiener walzer, eine art wunschkonzert für 9 bis 99. das ist das dritte. üppigste
reize also auf allen ebenen – und sie wollen nicht zusammenpassen: vor lauter
effekthascherei kommt stückl die feingestrickte geschichte beinahe abhanden. die
geschichte von marianne, die der enge ihrer herkunft, der spiessigkeit des
alltags entkommen will, dabei immer nur an die falschen, die halbseidenen, die
unfertigen gerät und am schluss dort landet, wo sie herkommt, in ihrer gasse
bei ihrem fleischergesellen, der ihr schon immer gedroht hatte: „du wirst
meiner liebe nicht entgehen.“ tote gefühle, tote liebe, ein totes kind. man
würde, angesichts dieser befunde, den schauspielerinnen und schauspielern und sich
selbst mehr poesie gönnen und weniger musical-rambazamba.
Montag, 1. April 2013
BEIJING: ZENTIMETER FÜR ZENTIMETER IN DIE ZUKUNFT
china ist auf dem weg in die zukunft. und viele im westen bekunden immer wieder mühe, sich das tempo dieses wandels konkret vorzustellen. vielleicht hilft dies: "wenn wir die rote linie um drei zentimeter überschreiten, werden wir zwar zurückgedrängt, aber einen zentimeter können wir vielleicht halten. diesen zentimeter können dann auch andere medien nutzen, und nach einiger zeit versuchen wir, den nächsten zentimeter zu erobern." (wu si, chefredaktor der kritischen geschichtszeitschrift "yanhuang chunqiu", im deutschen wirtschaftsmagazin "brand eins")
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